100-jähriges Jubiläum in Le Castellet
Als vor exakt 100 Jahren vor den Toren von Paris das erste 24-Stundenrennen der Geschichte ausgetragen wurde konnte noch niemand ahnen dass diese Langstreckenrennen einmal rund um die Uhr zu einer großen Tradition werden könnten. Doch bei den Endurance-Fans sind die 24 Stunden von Le Mans oder eben der Bol d`Or fester Bestandteil der Jahresplanung wenn es darum geht welches Rennen live vor Ort besucht wird. Sowohl bei den Motorrädern wie auch bei den Rennwagen sind diese Veranstaltungen nicht mehr wegzudenken und so gibt es mit der EWC ( Motorräder ) und der WEC ( Rennwagen) zwei komplette Weltmeisterschaften die nach Regeln der Langstrecke ( Endurance ) weltweit ausgetragen werden.
5 Teams mit Titelchancen
Die 85. Ausgabe des Bol d`Or war zugleich der 4. und letzte Lauf zur diesjährigen Langstrecken- Weltmeisterschaft für Motorräder. 5 Teams hatten noch Chancen auf den Titel. Multiweltmeister SERT Yoshimura Suzuki (127Punkte), F.C.C. Honda (104), YART-Yamaha (93) und TATI Beringer Racing (75). Durch das komplexe Punktesystem, nach dem bei 8 und 6 Stunden Punkt vergeben werden und nach 24 Stunden die Punkte mit dem Faktor 1,5 hochgerechnet werden hatte auch das BMW World Endurance Team mit 64 Punkten ebenfalls noch Aussenseiterchancen. Tatsächlich sah es nach der ersten Rennstunde so aus als würden sich die o. g. Team eine heroische Schlacht in den verbleibenden 23 Stunden um Rennsieg und WM-Titel liefern , alle genannten lagen innerhalb einer Runde unter den Top 8.
Ausfallorgie in den ersten Rennstunden
Was dann aber in den nächsten 150 Minuten passierte hat die Endurance Szene so noch nicht erlebt. In Runde 34, nach einer Fahrzeit von 1 Stunde 6 Minuten musste die Weltmeister- Mannschaft SERT Yoshimura Suzuki an die Box und nach verzweifelten Reparaturversuchen aufgeben – die GSX-R1000R war mit Motorschaden aus dem Rennen. Nach 2 Stunden 28 steuerte Jeremy Guarnoni die M1000R vom BMW World Endurance Team an die Box – ebenfalls aus mit Motorschaden. Nach 3 Stunden 22 Minuten war auch für YART Schluss – Marvin Fritz musste die Yamaha YZF-R1 an der Box abstellen – Motorschaden. Zeitgleich fiel die F.C.C. Honda um Runden zurück da auch an der Fireblade CBR 1000RR-R technische Probleme auftraten die jedoch von den Mechanikern behoben werden konnten. Auch die SRC Kawasaki ZX 10R unter Teamchef Gilles Staffler musste eine längere Standzeit an der Box hinnehmen, aber auch hier schafften es die Mechaniker die Kawa wieder zum Laufen zu bringen. Doch für den Sieg beim Bol d`Or waren sowohl die Honda als auch die Kawasaki zu weit zurückgefallen. Nach 4 Stunden hatte sich das Feld also mehr als gelichtet und es kehrte etwas Ruhe in Le Castellet ein. Mit der ERC Ducati von Davies/Fores/Checa hatte das Feld einen Spitzenreiter mit dem nicht viele gerechnet hatten, dahinter sortierten sich Tati Beringer Racing – Kawasaki, Viltais Racing Igol – Yamaha bei denen u.a. der Deutsche Florian Alt fuhr und das Wójcik Racing Team 77 – Yamaha.
Team Bolliger Schweiz auf dem Vormarsch
Ein altes Gesetz der Langstrecke kam den Bolligers zu Gute. Wenn die anderen Probleme haben musste Du durchfahren und wenig Zeit an der Box verbringen – und genau das taten Jan Bühn, Nico Thöni und Kevin Denis mit ihrer Kawasaki ZX 10R. Lohn dafür war ein Top -Ten Platz den sie über die nächsten Stunden halten konnten. Während sich F.C.C. Honda und SRC Kawasaki wieder langsam nach vorne fahren konnten hielt sich die Ducati vom Karlsruher ERC Team Stunde um Stunde an der Spitze des Feldes. Nach 22 Stunden begannen die Meisten an der Strecke langsam aber sicher an die Sensation zu glauben - die ERC Ducati lag immer noch an der Spitze und hatte mittlerweile 2 Runden Vorsprung auf Rang 2 – dem Team Wójcik Racing 77. Die übernahm den Platz der Tati Beringer Kawaski die die komplette Nacht hindurch auf diesem Platz gelegen hatte und sich Hoffnungen auf den WM-Titel machen konnte - doch auch hier war nach 19 Stunden 40 Minuten Schluss durch technischen Probleme.
ERC Ducati verpasst die Sensation
Um 13:40 Uhr, rund 80 Minuten vor Rennende, zerplatzte dann der große Traum von Ducati. Die Panigale V4R musste an die Box und verlor dort mit der notwendigen Reparatur 7 Runden. Zurück auf der Strecke lag die Mannschaft von Teamchef Frank Hoffman nur noch auf Platz 5. In Führung lag inzwischen die Yamaha von Viltais Racing Igol mit Florian Alt, Erwan Nigon und Steven Odendaal mit einer Runde Vorsprung vor den Verfolgern. Nach 24 Stunden und einem Rennen ohne grosse Zwischenfälle kam die Yamaha mit der Startnummer 333 dann als erster auch über die Ziellinie. Damit ist Florian Alt nach Max Neukirchner und Markus Reiterberger der dritte deutsche Pilot der ein 24 Stundenrennen im Rahmen der EWC gewinnen konnte. Der 2. Platz ging an Dan Linfoot, Sheridan Morais und Mathieu Gines vom Team Wójcik Racing 77. Die SRC Kawasaki mit Randy de Puniet, Etienne Masson und Florien Marino zeigten einmal mehr was in den Langstrecke möglich ist - um 21:00 Uhr am Samstag Abend lag die Kawasaki mit 11 Runden Rückstand auf Platz 27, um 15:00 Uhr beim Zieleinlauf standen die Piloten als Dritte auf dem Podium!
WM -Titel an F.C.C. Honda
Zum zweiten Mal nach 2018 holte sich das F.C.C. Honda Team mit den
Piloten Josh Hook Mike di Meglio und Ersatzmann Alan Techer den WM Titel in den Langstrecken-WM. Dabei widmeten die Sieger den Triumph ihrem angestammten 3. Piloten, Gino Rea, der sich nach einem
schweren Sturz bei den 8 Stunden von Suzuka in der Reha befindet. Die Bolliger Truppe holte sich mit Platz 9 ein gutes Top Ten Ergebnis und beendet die WM auf Rang 7.
Text: Hartmut Reuschel Bild:www.moto-foto.de