Die Motorradwelt verneigt sich vor Valentino Rossi

Am kommenden Wochenende geht beim letzten WM-Lauf der Saison 2021 im spanischen Valencia eine der ganz großen ( Motor)-Sport Karrieren zu Ende. Zumindest vom aktiven Geschehen als Motorradrennfahrer wird sich Valentino Rossi verabschieden und ab 2022 als Teamchef auf der anderen Seite der Boxenmauer stehen. Mit Rossi verlässt die Ikone der MotoGP den Grid und wird – und das ist den Verantwortlichen bewusst - eine Lücke im Starterfeld hinterlassen die nicht zu schließen sein wird. Natürlich wird die MotoGP auch im kommenden Jahr an den Start gehen und es werden auch sicherlich wieder spannende Rennen zu sehen sein, doch die neongelbe Startnummer 46 wird fehlen. Die Fangemeinde, die in den vergangenen 25 Jahren an die Rennstrecken gekommen ist um den charismatischen Italiener aus Urbino zu bestaunen, wird kleiner werden wenngleich viele von Ihnen der MotoGP die Treue halten werden. Und diese Treue wurde oftmals durch Rossi entfacht der weit über den Motorradrennsport hinaus auch Menschen bekannt ist die ansonsten nichts mit Rennsport oder Motorrädern gemein haben. Der von seinen Anhängern respektvoll „ Doctor „ genannte Rossi gehört zu den Sportlern die weltweit einen hohen Bekanntheitsgrad haben der weit über den Dunstkreis ihrer ausgeübten Sportart reicht. Vergleiche mit Pele, Franz Beckenbauer, Jim Clark oder Boris Becker sind durchaus angebracht wenn es um die Popularität des mittlerweile 42-jährigen Italieners geht.

Grund dafür sind in erster Linie die Erfolge die Rossi in 25 Jahren Motorrad – WM einfahren konnte, aber auch die Art und Weise wie er Siege feierte und zelebrierte sorgten dafür dass es diese weltweit hohe Präsenz für ihn gibt. Den Grundstein für die große Karriere von Valentino wurde von Vater Graziano Rossi gelegt der zwischen 1977 und 1982 selbst aktiver Pilot in der Motorrad - Weltmeisterschaft in den Klassen 250- ccm und 500-ccm war. Drei Grand-Prix Siege und ein 3. Platz im WM-Klassement der 250-ccm Klasse 1979 waren die größten Erfolge von Rossi sr. Valentino wurde von Vater Graziano zunächst zum Kartsport geführt und war dort auf regionaler Ebene auch erfolgreich, doch 1991 stieg er dann auf Minibikes um und damit begann eine der größten Karrieren im Motorradrennsport. Nach dem Gewinn der italienischen Meisterschaft in der 125-ccm Klasse startete Rossi jr. 1996 in der Weltmeisterschaft als siebzehnjähriger, gewann bereits in seiner ersten Saison seinen ersten Grand- Prix und holte sich nur ein Jahr später, 1997, seinen ersten WM-Titel in der 125-ccm Klasse auf Aprilia. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft in der 250-ccm Klasse 1999 mit 9 Siegen bei 14 Rennen kam er Aufstieg in die Königsklasse des Motorradrennsport – der Klasse mit 500-ccm. Auch hier schaffte Rossi gleich in seinem Premierenjahr den ersten Sieg und 2001 folgte die vorläufige Krönung seiner Karriere, der Gewinn der Weltmeisterschaft in der 500-ccm Klasse. Der Wechsel von den Zweitaktraketen zu den Rennmaschinen mit 4-Taktmotor, die ab 2002 unter dem Label MotoGP die Premiumklasse des Zweiradsports verkörperten, hatten für Rossi eher positive Auswirkungen. Die WM-Titel in den Jahren 2002 und 2003 gingen an den Ausnahmekönner mit der Startnummer 46 mit der bereits Vater Graziano auf den Rennstrecken aktiv war. Auch der Wechsel vom größten Motorradhersteller Honda zum weitaus kleineren Yamaha-Werk tat den Erfolgen von Rossi keine Abbruch – auch die Weltmeisterschaft 2004 und 2005 gingen an die „46“. Nach 2 Jahren ohne Titelgewinn und den Schlussrängen 2 (2006) und 3 ( 2007 ) fuhr Rossi in den Jahren 2008 und 2009 auf seiner Yamaha YZR-M1 insgesamt 29 Grand-Prix Siege (!) und die WM-Titel Nummer 8 und 9 ein. Diese Jahre waren in seiner Karriere rückblickend wohl die erfolgreichsten, auch im Bezug auf seine eigene Legendenbildung. Parallel zu seinen Erfolgen stieg der Bekanntheitsgrad der MotoGP sowohl bei Zuschauern und Fans als auch bei den Medien weltweit. Die MotoGP entwickelte sich in dieser Zeit zu einem ernsthaften Konkurrenten der Formel 1 im Kampf um die Zuschauergunst.

Und mittendrin immer die neongelbe Nummer 46 mit all ihren Begleiterscheinungen – Mützen, T-Shirts, Schals und unzählig viele weitere Fanartikel in der gleichen Farbe, die zusammen mit gelben Rauchbomben, die bei Rennen mit Rossi regelmäßig gezündet wurden, zeigten wen die Fans huldigten und wer am meisten verehrt wird. 430 mal startete Rossi biszum Rennen in Valencia in 26 Jahren zu einem WM-Lauf, 115 davon konnte er gewinnen, 235 mal stand er auf dem Podium – einzigartig, wenngleich sein italienischer Landsmann Giacomo Agostini mit 15 WM-Titeln und 122 Grand-Prix Siegen in den Statistiken noch vor Rossi steht. Mit seinem Wechsel zu Ducati 2011verabschiedete sich Rossi vorerst aus den Siegerlisten der MotoGP. 3 Podiumsplätze in 2 Jahren waren die magere Ausbeute der Traumehe zwischen dem italienischen Campione und der roten Diva aus Bologna. So war die Rückkehr zu Yamaha 2013 unabdingbar und Rossi war wieder bereit für Siege und Titel. Doch mit dem Einzug von Marc Marquez in die MotoGP begann eine andere Zeit in der Königsklasse. Hochtalentiert und schnell, dazu frech und ohne jede Angst vor dem großen Namen holte sich nun Marquez mehrere WM-Titel in Folge, für Rossi blieben bis 2016 nur die Titel des Vizeweltmeisters übrig. Danach begann für die Ikone der MotoGP die Zeit in der Siege und Podestplatzierungen immer seltener wurde. 2018 holte er mit der Yamaha seinen (vorerst) letzten Grand-Prix Sieg in Assen, 2020 folgte dann in Jerez der (vorerst) letzte Podestplatz seiner großen Karriere.

Wie treu die große Fangemeinde des Champion ist wurde in den letzten Jahren immer deutlicher.

Obwohl die ganz großen Erfolge auf der Rennstrecke ausblieben und andere Piloten um Siege und Titel kämpften - eine Farbe dominierte die Tribünen rund um die Strecken – das berühmte Neongelb mit der 46. Ob in Europa, Asien, Australien oder Amerika - wenn die Kameras kurz vor Rennbeginn auf die Tribünen schwenkten und einige Stimmungsbilder einfingen, es waren stets die gelben Rauchbomben und die neongelben Kappen und Shirts die im TV zu sehen waren und sie transportierten damit eine Botschaft: Hier und heute steht einer der größten Motorradrennfahrer aller Zeiten am Start - Valentino Rossi !

 

Text : Hartmut Reuschel    Bilder : moto-foto      www.motogp.com

 

 

16. Lauf zur Motorrad - WM

Rossi sagt Ciao, Quartararo holt den WM-Titel

 

Das Rennen Auf dem World Circuit Marco Simoncelli an der Adriaküste von Misano stand unter besonderen Vorzeichen. Fabio Quartararo hatte die Chance den WM-Titel in der MotoGP zu erringen, Superstar Valentino Rossi verabschiedete sich von seinen italienischen Fans bei seinem letzten Rennen auf italienischem Boden. 52 Punkte Vorsprung vor seinem einzig verbliebenen Gegner im Kampf um die WM bereiteten Quartararo eine relativ entspannte Ausgangspostion beim drittletzten WM-Lauf in dieser Saison. Bei Rossi lagen die Dinge anders. Lange sind die Zeiten vorbei in denen der Superstar der MotoGP um Siege und Podestplätze mitfahren konnte. Allen, die es mit Rossi in seiner langen Karriere hielten - Sponsoren, Fans, Medienschaffende und Freunde - war es ein echtes Anliegen ihrer Ikone auf seinem Heimatkurs einen triumphalen Ausklang zu bescheren.

Qualifikation auf nasser Strecke
In Abschlusstraining am Samstag wurden beide Vorhaben - die Titelambitionen von Quartararo und der große Abschied für Rossi - mächtig vom windig nassen Wetter an der Adriaküste beeinflusst.
Der französische Titelkandidat verzockte sich im Training mit den nassen Bedingungen und stellte seine Yamaha nur auf Startplatz 15. Sein einzig verbliebener Widersacher im Kampf um die WM, Francesco Bagnaia, stellte seine Ducati dagegen auf die Pole Position, daneben standen seine Ducati Markenkollegen Jack Miller und Luca Marini. Mit dieser Startaufstellung sprach vieles dafür dass in Misano noch keine Titelentscheidung fallen würde. Und das Rossi-Fest fiel den nassen Bedingungen auch teilweise zum Opfer. Statt Sonne pur gab es Regen und schwierige Streckenverhältnisse. Somit blieb zunächst die Ernüchterung über den letzten Startplatz übrig den der größte Fahrer seiner Epoche bei seinem letzten Heimrennen erreichte und alle Ziele und Wünsche wurden auf den Rennsonntag verlegt.

Entscheidung in der WM gefallen
Und dieser Rennsonntag hielt dann tatsächlich alles was man sich von ihm versprochen hatte. Bei strahlend blauem Himmel gingen die 23 Fahrer an den Start und zeigten von Beginn an großen Motorsport. Quartararo blies zur Attacke und kämpfte sich vom Start weg Platz um Platz nach vorn. Das Ducati-Duo Bagnaia und Miller übernahm die Plätze 1 und 2, dahinter folgte Marc Marquez. Auch für Valentino Rossi lief es gut. Als er zu Rennmitte die Punkteränge erreicht hatte war Miller bereits durch Sturz ausgeschieden, Fabio Quartararo lag auf Rang 9. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Der französische Titelaspirant kämpfte sich bis Runde 22 auf Rang 5 nach vorne, da stürzte der Führende Francesco Bagnaia von seiner Ducati GP21 und machte damit Quartararo zum Weltmeister. Dem Franzosen wurde dies per Boxentafel an der Strecke mitgeteilt, ungläubiges Kopfschütteln lies alle wissen dass der Yamaha-Pilot die Zeichen verstanden hatte. Und Rossi ? Der Doktor überholte in der letzten Runde tatsächlich noch einen Konkurrenten und schnappte sich mit Platz 10 ein Top-Ten Resultat dass er lange nicht mehr erreicht hatte. In der Auslaufrunde wurde dann rund um die Strecke gefeiert. Marc Marquez winkte den 35.000 Zuschauern als Rennsieger zu, Valentino Rossi wurde in einem Meer von gelben Rauchkerzen, gelben T-Shirts und gelben Fahnen vor der Tribüne seines Fanclubs frenetisch gefeiert und Fabio Quartarao setzte sich ein paar Meter weiter den goldene Helm auf – das Zeichen in der MotoGP für den neuen Weltmeister!

 

Text: Hartmut Reuschel Bild: moto-foto www.motogp.com